Orientierung finden zwischen Schule und Beruf
Der Plan steht fest: Jessica Bechter möchte Gemeindereferentin werden
Trier/Ockfen – Jessica Bechter ist in Eile. Auf der Arbeit ist ein Ehrenamtlicher ausgefallen, Corona-Quarantäne, deshalb ist sie gerade auf dem Weg in den Supermarkt, um für einen Klienten einzukaufen. Eigentlich gehört das nicht zu ihren Aufgaben, doch die junge Frau springt gerne ein, wenn Not am Mann ist. Die 19-Jährige aus Ockfen absolviert derzeit ein Sozialpraktikum beim Malteser Hilfsdienst in Trier und lebt seit Oktober vergangenen Jahres in einer außergewöhnlichen WG. Mitten in der Trierer Innenstadt wohnt sie für ein Jahr zusammen mit zwei weiteren Frauen und vier Männern im Bischöflichen Priesterseminar. Felixianum nennt sich das Sprachen- und Orientierungsjahr, das sich an junge Menschen richtet, die ein Theologiestudium anstreben oder generell einen kirchlichen Beruf erlernen möchten.
Schritt I im Abnabelungsprozess
In der Kirche kennt Jessica sich aus – mit neun Jahren wurde sie Messdienerin in ihrer Heimatpfarrei St. Valentin, später leitete sie die Messdienergruppe, beteiligte sich bei der Kinderbibelwoche und engagierte sich in der Firmvorbereitung. Dass Gemeindereferentin ihr Traumjob sein könnte, ahnte sie schon lange. „Gemeindearbeit hat mir schon immer tierisch Spaß gemacht“, gesteht sie. Doch erst in den vergangenen Wochen habe sich der Berufswunsch verfestigt. Anteil daran hatten sicherlich die zahlreichen Gespräche, die sie mit den Geistlichen Begleitern, darunter Subregens Oliver Laufer-Schmitt, im Felixianum führen konnte. Denn neben dem vielseitigen Lehrangebot, das Sprachkurse in Latein, Griechisch oder Spanisch in Vorbereitung auf das Theologiestudium vorsieht, gibt es auch Basiskurse zu Themen wie Liturgie, Bibel, Spiritualität, Glauben, Rhetorik, Berufungscoaching oder Biographiearbeit, ergänzt von Wahlfächern wie Stimmbildung, kirchenmusikalische Bildung und Hebräisch. Bis vor einigen Wochen hätte sie sich auch vorstellen können, Rettungssanitäterin zu werden, erzählt Jessica. Daher absolviert sie ihr Freiwilliges Soziales Jahr, das sie zur Anerkennung des Fachabiturs braucht, bei den Maltesern. Doch inzwischen steht ihr Entschluss fest: Noch in diesem Jahr möchte sie das Doppelstudium „Praktische Theologie und Soziale Arbeit“ an der Katholischen Hochschule Mainz beginnen, erzählt sie strahlend. Damit wäre der Einstieg ins Erwachsenenleben dann endgültig vollzogen. Ihre Zeit im Felixianum sieht sie als ersten Schritt des Abnabelungsprozesses: „Ich wollte erst mal lernen, alleine klarzukommen“, erklärt sie. Und genau das tut sie auch: Die 250 Euro, die sie im Felixianum pro Monat für Unterkunft, Verpflegung und Kursangebot bezahlt, bestreitet sie von der Aufwandsentschädigung, die sie für ihren Freiwilligendienst bei den Maltesern erhält.
Nur eine 30-minütige Zugfahrt trennt sie momentan von den Eltern und von den kleinen Brüdern, die zunächst gar nicht begeistert waren, dass ihre große Schwester auszieht. Doch nicht nur der Familie, sondern auch ihrer Heimatgemeinde ist Jessica noch immer eng verbunden. Als ehemals passionierte Fußballerin trainiert sie dort normalerweise die Mädchenmannschaft der B-Jugend. Und auch zu ihren „Minis“ in der Pfarrei hält sie den Kontakt – per Telefon, weil es momentan nicht anders geht. „Hoffentlich können das Training und die Jugendarbeit in Präsenz bald wieder starten, Corona schränkt uns alle schon sehr ein“, sagt sie und klopft dabei auf Holz. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen lag Jessica schon immer, in ihrem Glauben fühlt sie sich wohl – und teilt ihn gern mit anderen: „Es gibt nichts Schöneres, als einem Kind den Glauben zu vermitteln und den Funken weiterzugeben, der selbst in einem brennt.“ Ihr Engagement in der katholischen Kirche stößt gerade bei Gleichaltrigen nicht immer auf Zustimmung, berichtet sie. „Von doofen Blicken bis Bewunderung ist alles drin.“ Doch Jessica nimmt das gelassen: „Ich lasse Diskussionen gerne zu.“
Keine Spur von Corona-Einsamkeit
Von Corona-Einsamkeit ist im Felizianum – so heißt der nach Bischof Michael Felix Korum benannte Wohntrakt der Felixianer im Priesterseminar – keine Spur. Zwar sind sonst übliche Bestandteile des Orientierungsjahres wie die gemeinsame Exkursion nach Rom coronabedingt momentan nicht zu machen. Doch Geselligkeit und spirituelle Angebote finden trotz allem ihren Platz im Tagesablauf. Eine WG, ein Haushalt, lautet die Devise. „Da ist dann auch mal ein Spieleabend mit den anderen oder ein Treffen im Speisesaal, natürlich unter den geltenden Hygieneregeln, drin“, freut sich die junge Frau. Beim letzten Spieleabend wurde sogar Oliver-Laufer-Schmitt per Video hinzugeschaltet. Das obligatorische Gläschen Wein zum gemeinsamen Anstoßen hatten die Felixianer ihrem Subregens zuvor heimlich vor die Tür gestellt. „Das war eine sehr schöne Überraschung!“, freut sich Laufer-Schmitt. Die Stimmung im Felixianum ist heiter, und „irgendjemand ist eigentlich immer da, mit dem man sprechen kann, wenn man das möchte. Klar gibt es auch mal Meinungsverschiedenheiten – aber die gibt es überall, wo Menschen zusammenkommen“, berichtet Jessica. Darüber hinaus schätze sie es sehr, dass man mit den anderen Felixianern und den Geistlichen Begleitern offen über kontroverse Themen, wie sie etwa beim Synodalen Weg angestoßen werden, reden könne. Und sie versichert: „Wir haben eine echt gute Gemeinschaft hier!“
Während des Sprachen- und Orientierungsjahres Felixianum wohnen die jungen Frauen und Männer von 18 bis 30 Jahren in Einzelappartements mit Bad für monatlich 390 Euro (Variante A) oder 250 Euro (Variante B). Interessierte können sich bis zum 30. Juni bewerben, der nächste Jahrgang startet am 18. Oktober. Weitere Informationen gibt es bei Subregens Oliver Laufer-Schmitt Tel.: 0651-9484130, E-Mail: oliver.laufer-schmitt(at)felixianum.de oder auf www.felixianum.de und www.facebook.com/felixianum. Spezielle Infos zum FSJ oder Bundesfreiwilligendienst im Rahmen des Felixianums gibt es im Stellenportal des Bistums Trier auf: https://t1p.de/l028.
(Quelle: www.bistum-trier.de / Fotocredit Carina Andreas)